Auf meiner Fahrt von der Fleurieu Peninsula in die Flinders Ranges habe ich mir etwas Zeit gelassen. Inzwischen ist ja endlich wieder sommerlich warmes und sonniges Wetter eingekehrt! Das tut richtig, richtig gut.
Auf der Fahrt durch Adelaide (was viel entspannter ist als quer durch in Melbourne) kurz beim Stützpunkt Apollo Camper Halt gemacht, um das Behältnis für die Gasflaschen (welches zwei wachsende Risse aufwies) erfolgreich reparieren zu lassen und danach den touristisch wohl ziemlich unbekannten Para Wirra Conservation Park in den wundervollen Hügeln rund im Adelaide aufzusuchen.
Der Para Wirra Conservation Park eignet sich hervorragend zum Eintauchen in die Natur – zum Spazierengehen, Picknicken und Beobachten der einheimischen Tierwelt. Der Park beherbergt auch die Barossa Goldfields, wo man die Ruinen und die Geschichte eines einst blühenden Bergbaubetriebs entdecken können.
Im Park leben über 100 Vogelarten, darunter auch die frechen Emus, die man auf den Picknickplätzen patrouillieren sieht. In der Morgen- und Abenddämmerung können Sie Kängurus beim Grasen beobachten, und an warmen Tagen sonnen sich Bartagamen und schläfrige Eidechsen auf den Felsen. Wenn Sie Glück haben, sehen Sie vielleicht auch einen Kurzschnabeligel, ein scheues Tier, dessen Bauten überall im Park zu finden sind.
Para Wirra Conservation Park
Dort hatte ich schon eine Site im Wirra Campground gebucht. Aber zuerst habe ich die vorhandene Zeit genutzt, um auf der menschenleeren Gawler View Picnic Area gemütlich im Schatten einen Lunch zuzubereiten und zu verspeisen und danach einen kleinen Hike zum Knob Lookout und zurück via Lizard Rock und Chimney Rock wieder zur Gawler View zu gehen. Bei Gawler View und beim Knob Lookout muss man den Nachteil der in einem Conservation Park nach und hoch wachsenden Bäume und Büsche in Kauf nehmen: Man hat eigentlich keine Aussicht mehr sondern steht einfach etwas ratlos zwischen den Bäumen. Aber wenigstens haben beim Lizard Rock die Lizards auf dem Rock gezeigt, dass solche Bezeichnungen und Namensgebungen schon Sinn machen sollten. Besonders der zweite Teil des Rundgangs auf einem schmalen Pfad, der sich rauf und runter durch den Wald schlängelte, hat mir gefallen. Und in der riesigen Picnic Area war ich immer noch der einzige. Nach dem Hike habe ich meine Site im Wirra Campground in Beschlag genommen. Ich hab‘ noch kurz auf der Buchungsseite nachgeschaut: Es waren alle 17 Sites und die Gruppensite (eine grosse Gruppe von Jugendlichen) verkauft! Ich hab‘ mir dann gedacht, dass für so viele Leute zwei Toiletten dann schon etwas wenig sind. Man verlangt ja genug (mindestens AUD 24 pro Site plus Vehicle Entry Fee in den Park von AUD 12.50), plus Ich hatte aber die Site gut ausgewählt. Nachmittags im Schatten, zum Dinner etwas Sonne und in der Dämmerung konnte ich die kleinen Fledermäuse beim sehr flinken Einsammeln der Insekten beobachten. Ausser Vögeln, Schmetterlingen und anderen Insekten habe ich tagsüber aber keine weiteren Tiere beobachten können. Am nächsten Morgen habe ich nach dem Frühstück dann kurzerhand die Toilette bei der Gawler Picnic Area (3km entfernt) genutzt: Diese hatte ich ganz für mich alleine.








Auf der Fahrt durch die beiden bekannten Weingebiete Barossa Valley und Clare Valley hatte ich mir vorgenommen, die beiden ikonischen Barossa-Weingüter zu besuchen, von denen ich zuhause immer mal wieder etwas Wein kaufe. So bin ich kurz vor der Öffnung der Cellar Door von Jacob’s Creek einmal um das Gebäude gegangen und habe ein paar Fotos gemacht. Drinnen habe ich mir dann ein für die Reise sehr praktisches Set mit vier kleinen Weinflaschen gekauft. Am Eingang von Tanunda (dem zentralen Ort des Barossa Gebiets) empfängt den Autofahrer ein Jacob’s Creek Bogen über die Strasse wie bei einem Strassenrennen…




Nur eine kurze Wegstrecke entfernt, nach der Fahrt durch das wunderbar beschauliche Tanunda habe ich als zweites die Cellar Door von Château Tanunda besucht. Château Tanunda ist sozusagen der Geburtsort der Barossa Weinregion, das Weingut wurde 1890 gegründet. Europäische Einwanderer hatten seit den 1840er Jahren in der Barossa-Region Reben gepflanzt, so dass die Region eine natürliche Wahl für ein professionelles Weingut mit Ambition war. Château Tanunda sollte tatsächlich für eine Weile das grösste Weingut der südlichen Hemisphäre werden, doch die Geschichte ist wechselvoll (hier zu lesen), denn das Weingut wurde bis gegen Ende des letzten Jahrhunderts heruntergewirtschaftet. Die Wende kam mit dem (ehemals?) Schweizer John Geber: Er hat 1999 kurzerhand das schon etwas heruntergekommene Weingut gekauft und wieder auf Vordermann und zu neuem Glanz gebracht.
Ich wurde an der Cellar Door als erster Gast sehr freundlich empfangen und als Schweizer natürlich darauf aufmerksam gemacht, dass sie extra für mich die Schweizer Flagge gehisst hätten. Von den angebotenen Tastings mit jeweils mehreren Weinen verschiedener Preisklassen habe ich mich für die günstigste Klasse (AUD 25 pro Flasche, das anrechenbare Tasting für AUD 10) entschieden, da zwei diese Weine in die Schweiz exportiert werden und eigentlich immer auch bei mir zuhause verfügbar sind. Daher habe ich eine der anderen Rebsorte versucht und diese mit dem mir bekannten Shiraz verglichen. Mehr wollte ich nicht ausprobieren, denn ich musste ja noch fahren. Ich hab‘ mich für den Shiraz entschieden, der hier in einer besonders schönen Flasche verkauft wird, welche eigentlich zu einem anderen Zweck weiter verwendet werden sollte. War durch das frühmorgendliche Glas Wein aber schon irgendwie beschwingt und nahm die rund 150km in zwei Etappen unter die Räder. Bei der Fahrt durch das Barossa Valley sind mir wieder sehr viele Erinnerungen an meine erste Australienreise vor rund 13 Jahren in den Sinn gekommen; was man so alles abgespeichert hat, verwundert mich immer wieder. Damals hatte ich auf einem Mietauto-Tagestrip ab Adelaide Jacob’s Creek, Seppelt, (etwas enttäuscht) Penfolds und einen Aussichtspunkt besucht.





Als nächsten Zwischenstopp habe ich mir Martindale Hall ausgesucht. Dieses herrschaftliche Gutsbesitzer-Haus („a heritage listed, Georgian styled with Italianate influenced sandstone mansion) mitten in der unendlichen gelben und abgeernteten hügeligen Landschaft würde man hier in Australien eigentlich nicht verorten. Eher in Grossbritannien, dann aber wohl deutlich grösser. Martindale Hall ist heute ein Museum, welches einen Blick zurück in die Zeit des anmutigen Lebens auf einem grossen, Viehzucht betreibenden, Anwesen in den späten 1800er bis frühen 1900er Jahren erlaubt. Gerüchten zufolge gab es 14 Bedienstete, von denen vier in der Halle lebten und rund um die Uhr auf Abruf zur Verfügung standen, um die Bedürfnisse von zwei Personen zu befriedigen – so extravagant war der Lebensstil der Oberschicht eines wohlhabenden Viehzüchters. Dieses Gerücht kann man vor Ort mit der zu besichtigenden Klingelanlage nachvollziehen. Auf zwei Stockwerken bin ich durch beeindruckend eingerichtete Räume und eine Vielzahl von Schlafzimmern mit Ensuite-Bädern gegangen. Allerdings muss man zur Kenntnis nehmen, dass vieles so zusammengestellt oder neu nachgebaut wurde, um ein möglichst gutes Bild der damaligen Einrichtung zu geben. Ich hab’s nicht bereut, diesen kleinen Abstecher gemacht zu haben. Nur schon der Empfang beim Eingang war den Eintritt wert: Wer das verstehen möchte, muss selber hin.






Und nachdem ich meinen Rucksack mit dem Lunch aus dem Camper geholt hatte – das Haus darf weder mit Taschen, Rucksäcken noch mit Kinderwagen betreten werden – habe ich frech eine der Bänke in Beschlag genommen und einen kleinen Lunch verspiesen. So konnte ich mich auch ein bisschen wie ein erfolgreicher und wohlhabender Viehzüchter fühlen.
Das 1879-1880 für Edmund Bowman Jr. für 30’000 Pfund errichtete Haus verfügt über 32 Zimmer und einen grossen Keller mit etwa 7 Räumen. Edmund umgab das Haus mit einem Poloplatz, einer Rennbahn, einem Bootsteich und einem Kricketplatz, auf dem die englische Elf mindestens einmal spielte.
History of Martindale Hall
1838 kam ihr ältester Sohn, Edmund Senior, in Südaustralien an. Der Rest der Familie folgte 1840 und sie bauten ein schönes zweistöckiges Haus in Pine Forest, dem heutigen Vorort Enfield von Adelaide. Das Haus, Barton Vale, steht noch heute.
Edmund Senior folgte dem Wakefield River und erwarb 9’159 Acres in der Nähe von Mintaro. Er nannte den Besitz Martindale Station nach einem der grünen Täler, in denen die Familie in England ihre Schafe hütete. Hier gründete er ein berühmtes Gestüt für Merinoschafe.
William Tennant Mortlock, ein südaustralischer Viehzüchter und Politiker, der das Weideimperium seines Vaters geerbt hatte, kaufte Martindale Hall und Station dann für 33’000 £ als Hochzeitsgeschenk für seine Frau Rosye Tennant. Sie hatten sechs Kinder, aber nur zwei Jungen überlebten bis zum Erwachsenenalter: John Andrew Tennant Mortlock, geboren 1894, und Frederick Ranson Mortlock, geboren 1900.
Danach bin ich weiter nach Clare gefahren, um die Essensvorräte meines Campers für die etwa 10 Tage bis zur nächsten Ortschaft mit einem richtigen Supermarkt zu füllen.
Mit den Weingütern im Clare Valley kenne ich mich noch weniger aus als mit denen im Barossa Valley. Auch hier sind mir aber überall die vielen deutschen Namen aufgefallen. Und es gibt unzählige Weingüter. Die Ausdehnung der beiden Weinregionen ist beeindruckend. Mit dem Fahrrad (und auch mit dem Auto?) kann man hier den Riesling Trail absolvieren. Vielleicht doch besser mit dem Fahrrad…
Nach weiteren gut 70km Fahrt durch die unendlich scheinende, gelb verdorrte und abgeerntete flache Hügellandschaft bin ich nun in Jamestown (mitten im Nirgendwo) im The Park Jamestown, einem gemütlichen, dörflichen und modernisierten Campingplatz, angekommen, um gemütlich die Nacht zu verbringen und auch meinen Wasservorrat aufzufüllen. Hier in Jamestown hört man nur die Rinder muhen, die Hunde bellen und die Güterzüge tuten. Wenn es hier überhaupt Gehwege gäbe, würden diese spätestens um 21 Uhr hochgeklappt.
Morgen geht es dann in die Flinders Ranges!