Die nächsten Tage möchte ich das geothermisch aktive Zentrum der Nordinsel erkunden. Auf dem Weg nach Rotorua machte ich zuerst einen Halt bei der Quellen von Hangarua (Te Puna-a-Hangarua). Es sind dieergiebigsten Quellen auf der Nordinsel. Sie sind nach Hangarua, einer Häuptlingin von Ngati Rangiwewehi, benannt. Das umgebende Gestein ist natürlich vulkanischen Ursprungs. Das Quellwasser fliesst vom Mamaku-Plateau durch unterirdische Grundwasseradern. Das Wasser reis erstaunliche 70 Jahre vom Ursprung bis zur Quelle. Vom konstant 10° warmen Wasser fliessen pro Stunde rund 4’500 Liter Wasser (das reicht, um zwei olympische Schwimmbäder pro Stunde zu füllen!) in den Kaikaitahuna-Fluss und in den Rotorua-See. Die Quelle liegt auf 280 Meter über dem Meeresspiegel und ist etwa 15 Meter tief.
Nachdem man dem freundlichen Māori am Kassenhäuschen den (in dieser Gegend üblichen) nicht unerheblichen Eintrittspreis bezahlt hat, tritt man in ein kleines Paradies ein. Das Quellwasser ist extrem klar und erlaubt faszinierende Blicke unter Wasser. Die vielen Wasservögel, die riesigen Redwoods (aus Nordkaliforniern) sowie die unzähligen Wasservögel vervollständigen die Idylle. Ich kann sehr gut verstehen, dass Maori hier über Jahrhunderte gut und gerne gelebt haben.
Ich finde, dass sogar die Fotos die Magie dieses Ortes aufzeigen können.
Nach diesem faszinierenden und beruhigenden Besuch fahre ich um den Roturoa-See herum nach Roturoa. Roturoa ist die eigentliche Quelle des Tourismus in Neuseeland. Die faszinierend aktive Geothermal Umgebung hat schon früh viele Reisende angezogen. Eine wichtige Rolle haben die Maori des Dorfes Whakarewarewa gespielt.
Das auch heute noch real belebte Māori Dorf Whakarewarewa bei Rotorua sitzt mehr oder weniger auf einem riesigen Dampfkessel und kann (natürlich gegen entsprechendes Entgelt) mit einer stündlichen Führung und zwei bis drei täglichen Darbietungen besucht werden. Die natürlichen geothermischen Eigenschaften dieses Dorfes sind das Ergebnis einer hohen geothermischen Aktivität, die als Rotorua Thermal Field bekannt ist. Dieses Feld ist verantwortlich für den aufsteigenden Dampf, die interessanten Gerüche und das farbige Wasser, welche beim Besuch des Dorfes sofort auffallen.
Das Rotorua Thermal Field umfasst an der Oberfläche 12 km²; unter der Erde erstreckt es sich jedoch viel weiter. Eines der auffälligsten Merkmale der Region ist die Rotorua Caldera, eine grosse Senke, die vor etwa 240’000 Jahren durch einen Vulkanausbruch entstanden ist. Das Zentrum der Senke ist inzwischen durch dem Rotorua-See gefüllt. Die Stadt Rotorua befindet sich am südlichen Rand. Am Rand der Rotorua Caldera haben sich durch Vulkanaktivitäten mehrere Kuppeln gebildet, darunter Ngongotaha, Hamurana und Pukehangi.
Das Whakarewarewa-Thermalgebiet befindet sich im südlichen Bereich des Rotorua-Geothermiefelds und umfasst 500 heisse Quellen, 65 Geysirquellen, farbenfrohe Sinterterrassen und eine Vegetation, die es nur in geothermischen Gebieten gibt. Mehrere Verwerfungen innerhalb des Gebiets bieten Wege für geothermische Flüssigkeiten, um aus der Tiefe des Untergrunds an die Oberfläche zu gelangen. Dort erzeugen sie entweder sprudelnde heisse Pools, dampfende Entlüftungsöffnungen oder ausbrechende Geysire.
Jeder Geysir im Whakarewarewa-Gebiet hat einen Namen, der oft von den Eigenschaften des Geysirs abgeleitet ist oder auf den Namen lokaler Helden basiert. Der bekannteste Geysir der Region ist der Pōhutu-Geysir, der grösste Geysir Neuseelands und der südlichen Hemisphäre. Das Wort „Pōhutu“ bedeutet „grosser Aufprall“ oder „Explosion“ und mit bis zu 15 Eruptionen pro Tag, die ungefähr 30 Meter in die Luft fliegen, hat sich Pōhutu seinen Namen verdient.
Weitere Oberflächenmerkmale des Whakarewarewa Village sind saure Flüssigkeiten, die in warme, schlammige Becken fliessen, kochendes alkalisches Wasser, Dampf- und Gasflüsse und Bereiche mit dampfendem Boden, die mit eingestürzten Erdwärmelöchern verbunden sind.
Die klaren, heissen Pools des Dorfes können zwischen 70° und 100° Clesius erreichen und sind in der Regel neutral oder alkalisch in der PH. Sie werden durch das tiefe, primär geothermische Reservoir gebildet, das durch Verwerfungen an die Oberfläche steigt. Diese Wasserquelle ist mit natürlichem Siliziumdioxid gesättigt, und hellgrauer Siliziumdioxidsinter bildet sich typischerweise in geschichteten oder schuppigen Schürzen entlang der Kante dieser Becken.
Die Schlammbecken in Whakarewarewa sind in der Regel sauer und treten ausserhalb von Verwerfungsgebieten in erhöhter Höhe auf. Schlammbecken und Teiche mit trübem Wasser entstehen durch Aktivität unter der Oberfläche. Schwefelwasserstoffgas wird aus kochenden Flüssigkeiten im Untergrund freigesetzt und vermischt sich mit oxidiertem meteorischem Grundwasser zu saurem Sulfatwasser. Diese sauren Wässer lösen das umgebende Gestein auf, verändern und degradieren die Strukturen und produzieren Schlammbecken. Dieser Prozess ist auch für Kollapslöcher verantwortlich, die in Whakarewarewa häufig sind und im Laufe der Generationen viele Veränderungen im Dorf verursacht haben.
Ich konnte mich um 11 Uhr gerade noch einer Führung anschliessen. Auch unser einheimischer Guide ist ein direkter Nachfahren der frühen Māori-Guides, die den Tourismus in Neuseeland seit Generationen geprägt haben. Ich geniesse also eine Gastfreundschaft (Manaakitanga), welche eine lange Tradition hat. Und das spürt man auch irgendwie.
Es ist schon speziell, ein authentisch lebendes Māori-Dorf zu besuchen, in dem rund 70 Menschen täglich leben und die natürlichen geothermischen Ressourcen nutzen. Seit Jahrhunderten nutzen sie die natürliche Energie um zu kochen, zu baden und und zu heizen. Die ganze Infrastruktur ist kommunal und wird von allen Bewohnern gemeinsam genutzt und gepflegt. Dazu gehören das Bad mit mehreren Badewannen, die Hangi Kochstellen, der grosse Wasserkochtopf, in dem Gemüse gegart wird sowie neuerdings ein gemeinsam genutzter Garten mit Hochbeeten, indem viele verschiedene Früchte und Gemüse für alle angebaut werden.
Wir haben im Dorf eigentlich alle geothermischen Wunder des Whakarewarewa Geothermal Valley aus nächster Nähe anschauen können: Dazu gehören kochende Schlammbecken, Dampfentlüftungsöffnungen und sprudelnder Becken inklusive dem leichten Geruch nach faulen Eiern… Der Mineralgehalt des Wassers und des Dampfes hat eine heilende Wirkung. Auch einen Blick auf einen der periodischen Ausbrüch das weltberühmten Pōhutu-Geysirs hatten wir vom Aussichtspunkt.
Ich fand es sehr interessant, tatsächlich live zu sehen wie die Bewohner Hāngi-Mahlzeiten in den kommunalen Dampfboxen zubereiten und Mais (vor allem für die Touristen) im sprudelnden Wasser der geothermischen heissen Pools kochen – so wie sie es seit Generationen tun. Am Morgen füllen die Bewohner ihrer Mahlzeiten (in Alufolie oder -boxen) in die Dampfbox und holen sie nach der Arbeit fertig gekocht wieder heraus.
Es ist eigentlich verrückt, wie man in der herausfordernden, gefährlichen und sich dauernd verändernden Umgebung des Whakarewarewa-Tals lebt. Doch das tägliche Leben mit dem Kochen in den sprudelnden Pools und Dampfquellen und das Baden in den erfrischenden Heilwässern sowie die im Winter warmen Häuser kompensieren diese Gefahren wohl mehr als genug.
Zwei historische Kirchen, die katholische Kirche natürlich zuoberst auf dem Hügel sowie viele historische Grabstätten und Denkmäler rundeten die einstündige Tour ab.
Nach dem Genuss einer Hang-Pastete und eines im traditionell im grossen Wasserbecken gekochten Maiskolbens habe ich dann noch die mittägliche Kultur-Darbietung besucht. Diese war wiederum sehr nett, schon etwas weniger professionell und intensiv als die Vorführungen in Waitangi.
Ich gönnte mir am Schluss noch einen weiteren Blick auf einen zweiten Ausbruch des Pōhutu-Geysirs. Es waren wohl schon wieder die ein bis zwei Mal 45-60 Minuten seit dem letzten Ausbruch vergangen!
Während die mächtigen geothermischen Kräfte, die unter Whakarewarewa liegen, ewig zu sein scheinen, ist die geothermische Landschaft tatsächlich seit Jahren in Gefahr. Im letzten Jahrhundert hat die übermässige Entwicklung von Bohrungen und Bohrlöchern für den privaten und gewerblichen Gebrauch den geothermischen Grundwasserfluss dezimiert. Zum Glück wurden in den letzten Jahren die Umweltschutzbemühungen verstärkt, um die geothermischen Schätze der Whakarewarewa-Region bei sorgfältiger Bewirtschaftung durch die Einheimischen noch viele Jahre lang gleichermassen zu erhalten.
Fun Fact: Tewhakarewarewatangaoteopetauaawahiao ist nicht der längste Ortsname Neuseelands. Den Guiness-Rekord hält das Dorf Taumatawhakatangihangakoauauotamateaturipukakapikimaungahoronukupokaiwhenuakitanatahu mit 85 Buchstaben.
Kulturell und mit viel Wissen gestärkt machte ich mich nun auf in den (sehr teuren) Top10 Holiday Park mitten in Rotorua auf. Nachmittags genoss ich ausführlich die beiden 38° und 40° heissen Mineralbecken des Parks. Da störten ein paar wenige Regentropfen nicht wirklich.
Und ich genoss auch das menschengemachten Wunders eines schnellen und unlimitierten Wifi, um meine Fotos in die Cloud zu replizieren und die hoffentlich erinnerungswerten Blogbeiträge zu schreiben.
Morgen geht es für einen Ausflug in’s 50km entfernte Hobbiton, einem Lord of the Rings Filmset. Für die beiden nächsten Tage sind aber Gewitter und wohl ergiebige Regenfälle angesagt. Hoffentlich bleibt das Filmset trocken…