Da das bedeckte und kühle Wetter heute weder zum Wandern noch zum Besuch der Küste einlud, aber wohl gut die Wäsche trocknen würde, war ich am Morgen der erste, welcher die einzige Front Loader Waschmaschine mit meinem grossen Berg an Wäsche füllte. Aber auch diese Maschine benötigt nur 30 Minuten für den Waschgang, was auch hier leichte Zweifel am Erfolg der Reinigung aufkommen liess. Aber wenigstens war danach die Wäsche gewaschen: Von Sauberkeit sehen wir mal ab… Da doch noch ab und zu die Sonne durch die Wolkendecke blinzelte, war die Wäsche dann schon nach dem Mittag fertig. Ich nutzte die paar Sonnenminuten für die Inbetriebnahme des BBQ und einem Dinner zur Lunchtime.
Es war aber schlechtes Timing, dass gerade mein auserwählter „Domestic Day“ auch der Tag zum Rasenmähen war. Der Aufsitz-Rasenmäher flitzt um die vielen Betonplatten der Standplätze und kam als Rasensauger dann nochmals. Das würde wohl noch den ganzen Tag so weiter gehen.
Also beschloss ich, den Domestic Day etwas abzukürzen und das Zentrum und die Sehenswürdigkeiten von Albany zu besuchen. Das ging ja auch bei bedecktem Himmel und kaltem Wind.
Entlang der Haupteinkaufsstrasse York Street reihen sich viele Läden in einigen historischen Gebäuden auf. Das macht einen richtig guten Eindruck, wenn auch einige Lokale zu vermieten sind. Aber es wird renoviert, was ja ein gutes Zeichen ist. Eine moderne Bibliothek und Visitors Center inklusive einem kleinen Park mit Denkmal zur seit jeher gepflegten, freundlichen Kooperation mit den Aboriginies. An der Strasse liegt auch das älteste Hotel von Westaustralien. Oben an der York Street findet man dann die modernen Einkaufszentren. Alles ist in Gehdistanz von den unzähligen Parkplätzen zu erreichen. Das Problem mit den Parkplätzen ist dann aber, dass auf jedem Foto vor allem Autos zu sehen sind.
Rund um dieses Zentrum stehen viele alte und neue Häuser, oder auch Villen. Mit den teilweise sehr steilen Strassen sieht das fast aus wie in San Francisco. Das wäre doch ein toller Altersruhesitz, habe ich mir gedacht. Es müsste doch ein schönes Häuschen in Hanglage mit Aussicht zu finden sein. Nur die Hauptstadt Perth ist schon etwas sehr weit weg.
Unten am Hafen kann man das alte Gefängnis und die Replika des Schiffs Amity besichtigen gehen. Mich nahm schon Wunder, warum ein Gefängnis und ein Schiff so bedeutend für Albany sind.
Da es nun mit dem Wind richtig kalt wurde und die Sonne sich komplett verabschiedet hatte, besuchte ich nach der Amity auch das Stadtmuseum. Das lernte ich dabei:
Albany, das der Region Great Southern von Westaustralien liegt, ist die älteste permanent besiedelte Stadt in Westaustralien. Mit Mount Clarence im Osten und Mount Melville im Westen befindet sich das Stadtzentrum von Albany am nördlichen Rand des geschichtsträchtigen Princess Royal Harbour.
Vor der britischen Besiedlung gab es mehrere Besuche europäischer Entdecker an den Ufern von Albany. Der Holländer François Thijssen besuchte 1627, der Franzose Bruni d’Entrecasteaux 1792, der Engländer Matthew Flinders 1801 und der Franzose Dumont d’Urville 1826 im L’Astrolabe King George Sound.
Doch die Geschichte von Albany beginnt erst mit Ankunft auf des Schiffes Amity. 1826 kam Major Edmund Lockyer aus Sydney mit der Amity im Princess Royal Harbour an und gründete einen britischen Militäraussenposten. Dies sollte jegliche Pläne der Franzosen, Westaustralien einzufordern, stoppen. Die mit der Amity eingetroffenen Häftlinge bauten mit diesem Militärposten die ersten Häuser von Albany.
Albany wurde dann jedoch ab 1832 von Gouverneur Stirling geführt, da die politische Hoheit über die Stadt auf die Swan River-Kolonie (Perth) überging. Der Hafen von Albany war sehr lange Zeit der einzige Tiefseehafen in ganz Westaustralien. Daher wurde der offizielle Postdienst aus Europa hierhin gelegt: Er begann im Jahr 1834. Der erste städtische Pier wurde im Jahr 1837 eingerichtet. Der Bau der Eisenbahn zwischen Perth und Albany im Jahr 1885 brachte mehr Siedler und mehr Möglichkeiten mit sich. Allerdings war Landwirtschaft im Hinterland von Albany eine schwierige Angelegenheit. Nur wenige Böden waren für die damaligen Anbaumethoden fruchtbar genug.
Der Goldrausch der 1890er Jahre brachte jedoch mehr Siedler und Wohlstand. In dieser Zeit wurden viele der historischen Gebäude auf der Stirling Terrace, der heutigen Einkaufsmeile, gebaut.
In Albany befinden sich heute viele historische Gebäude und Stätten, darunter:
- Replica der Brigg Amity (1826/1975)
- Patrick Taylor Cottage (1832)
- Die alte Post (1834)
- St. John’s Church (1841)
- Albany Convict Gaol & Museum (1852)
- Das Residenzmuseum (1856)
- Albany Co-op Store Museum (1870)
- Das Royal George Hotel (1885)
- Rathaus von Albany (1888)
- Wesley Church (1890)
- Princess Royal Fortress Military Museum (1893)
Mit dem Bau eines Tiefseehafens in Fremantle und mit der Verlegung des Postliniendienstes begann aber der Niedergang des Hafens und der Stadt. Allerdings blieb die militärische und zivile Bedeutung dieses geschützten Hafens zwischen der Ostküste und Europa weiterhin relevant. Aber Träume für die Ernennenung zur Hauptstadt von Westaustralien mussten begraben werden. Die harte Realität bevorzugte Fremantle und Perth.
Am 1. November 1914 dampfte der erste Konvoi australischer und neuseeländischer Soldaten, bald ANZAC genannt, aus dem King George Sound in Albany. 30’000 junge Männer und Frauen waren für die Schlachtfelder des Ersten Weltkriegs bestimmt, vor allem für die Schlacht von Gallipoli. Insgesamt befanden sich im ersten Konvoi 38 Transportschiffe, von denen 36 aus Albany und 2 aus Fremantle fuhren.
Auf dem Mount Adelaide wurde schon früher eine Besfestigung des wichtigen Princess Royal Harbour betrieben. Heute befindet sich dort das Princess Royal Fortress Military Museum. Es beherbergt die Albany Barracks & The Princess Royal Battery, das Military Heritage Centre, die Ellam-Innes Collection (umfangreiche Sammlung von Kriegserinnerungsstücken des 11. Bataillons und des 10. Light Horse Regiments), das Underground Magazine, das Repository Store und das Caretaker’s Cottage, Artillery Display, Torpedos, HMAS Perth Trail, Kontrollbunker aus dem Zweiten Weltkrieg und mehr. In Clarence befindet sich ein Denkmal für das Desert Mounted Corps.
Zum 100-jährigen Jubiläum des Einsatzes der ANZACs wurde auf dem Mount Adelaide ein modernes Museum ergänzt und 2014 feierlich eingeweiht.
Die 1950er Jahre waren ein Wendepunkt für Albany und seinen Hafen. Die landwirtschaftliche Produktion nahm mit neue Technologien und Düngemethoden zu. Die Hafenarbeiten begannen mit Ausbaggerungs- und Aufarbeitungsarbeiten. In den Jahren 1955, 1957 und 1971 wurden drei Anlegeplätze auf dem Festland eröffnet. 1956 wurden Einrichtungen für den Massenumschlag eingeführt. Die Zahl der Schiffe, die den Hafen nutzen, nahm mit zunehmenden Exporten zu und einige, wie Walfang und Schleppnetzfischerei, verschwanden auch wieder. Die Zahl der Kreuzfahrtschiffe, die Albany besuchen, ist in jüngerer Zeit gestiegen. Getreide, Holzprodukte, einschließlich Hackschnitzel und später Baumstämme, wurden immer wichtiger.
Albany entwickelte sich wieder zu einer florierenden Hafenstadt mit über 30’000 Einwohnern. Mit der perfekten Lage inmitten einer spektakulären Umgebung mit vielen Nationalparks, den wunderschön weissen Stränden sowie seiner historischen Bedeutung ist die Stadt ein bedeutendes Touristenziel für Australier und internationale Besucher geworden.
Das Museum zeigte auch eindrücklich die Auswirkungen der Landwirtschaft auf die vielfältige Ökologie der Region auf. Man möchte mit einem Schutzgürtel rund um den Wheatbelt die Ökosysteme wieder besser vernetzen und durchgängiger machen. Ein Schwerpunkt war auch auf die Beziehung zu den einheimischen Aboriginals gelegt. Auf dem Rundgang durch wenige Räume lernte man eine Menge.
Sogar Kreuzfahrtschiffe machen hier halt, musste ich auf meinem Ausflug durch die Stadt erkennen. Gerade heute fluteten die Passagiere eines Kreuzfahrtschiffes die York Street und die Sehenswürdigkeiten rundherum. Und es gibt hier sogar einen blauen Hop-On-Hop-Off Bus, der einem auch an die etwas weiter weg gelegenen Sehenswürdigkeiten bringt.
Ich nahm aber mein eigenes Fahrzeug und fuhr auf den Mount Adelaide, um mir die militärischen Fund- und Schaustücke sowie das Anzac Museum von aussen anzuschauen. Die Würdigung des Einsatzes der vielen Soldaten und der Schiffe zum Transport ist wirklich beeindruckend gelungen. Die Aussicht auf die eigentlich fantastische Umgebung war aber durch das graue Wetter etwas weniger beeindruckend.
So machte ich mich, etwas durchgefroren, dann wieder auf den (kurzen) Weg in die Albanys Gardens, meinem Caravan Park.
Und meine Eingebung, dass Albany ein schöner Altersruhesitz sein könnte, hat sich tatsächlich bestätigt: Der Ort und die Umgebung ist äusserst beliebt bei Pensionären!
2 Kommentare zu „Albany (WA) – Die älteste permanent besiedelte Stadt von Westaustralien“