Albanys historische Whaling Station

In Cheynes Beach wurde schon in den 1840er Jahren Walfang betrieben. Der Walfang begann dort aber erst in den frühen 1950er Jahren wieder: Die Cheynes Beach Whaling Company wurde von einem Konsortium aus acht Fischern gegründet. Das Unternehmen wurde jedoch kurz darauf an den Standort Frenchman Bay verlegt. Die Firma hiess aber weiterhin gleich wie früher.

Schon 1951 wurden jedoch Fangquoten für Buckelwale festgelegt, da diese damals schon fast ausgerottet waren. Aber die Station wurde trotzdem im Jahr 1952 an der Frenchman Bay Website gegründet. Die Industrieanlage wurde gebaut, um in der Region gefangene Wale zu verarbeiten. Sie besteht aus einer Reihe von grossen Stahl- und Betonschuppen und Werkstätten, kleineren Fachwerkbüros und Einrichtungen sowie Tanks und Kesseln. Ein grosser Teil der Station wurde aus alten Bergbaumaschinen zusammen mit einer Alkoholdestillationsanlage gebaut. Das Flensing-Deck (Flensing ist der norwegische Fachausdruck für das Skelettieren der Wale mit grossen, scharfen Messern) wurde über eine natürliche Felsrutsche gebaut, wobei weiter oben am Ufer Dampfwinden installiert waren, um die Kadaver auf das Deck zu befördern. Man kaufte auch ein älteres norwegisches Verfolger-Schiff, die Cheynes.

Die ursprüngliche Quote für das erste Jahr betrug 50 Buckelwale. Die Station produzierte in der Saison 1953 insgesamt 508 Tonnen Walöl. Im Jahr 1954 verlud die Station über 1’000 Tonnen Walöl, das aus 120 Walen einer gesamten Saison stammte, direkt auf das norwegische Schiff Tiber, wobei sie erneut das Verfolger-Schiff Cheynes einsetzte. Das Öl hatte einen geschätzten Wert von 100’000£, was sehr viel Geld für die damalige Zeit war.

Die Wale wurden dann jeweils von einem Flugzeug aus gesucht und an das Verfolger-Schiff gemeldet. Dieses harpunierte den Wal mit einer Sprengladung, sodass dieser meist sofort tot war. Der Wal wurde dann mit Luft aufgepumpt und an einer Boie befestigt. Dann konnte Jagd auf den nächsten Wal gemacht werden. Abends wurden die Wale vom Schiff eingesammelt und vor der Station an Boien befestigt, sodass die Walkadaver einer nach dem anderen an Land gezogen und verarbeitet werden konnten. Die vom vielen Blut angezogenen Haie wurden in der Bucht per Gewehr geschossen!

Man kann sich den Gestank, das Blut und den Lärm kaum vorstellen, den diese Schlachtung und die Verarbeitung (Kochen, Zerkleinern, Filtern, Pressen, Abfüllen) der zerkleinerten Kadaver mit sich brachte.

Das Unternehmen kaufte 1957 einen zweiten Verfolger Cheynes II. Nach einer katastrophalen Saison im Jahr 1962 mit Rekordtieffängen beendete die Internationale Walfangkommission den Walfang von Buckelwalen aus antarktischen Beständen, sodass das Unternehmen stattdessen Pottwale jagte. Das Unternehmen blieb bis anfangs der 1970er Jahre profitabel, mit einen Nettogewinn von 304’329 AUD 1970. Der höhere Gewinn war auf den Rekordfang von Pottwalen auf der Station (insgesamt 764) und die beispiellose weltweite Nachfrage nach Wal-Öl zurückzuführen. Das Unternehmen beschäftigte inzwischen über 100 Mitarbeiter und das Öl wurde sogar von der NASA im Weltall und für die Herstellung von Schweizer Uhren verwendet.

Damals war die Station ein beliebtes Ausflugsziel für die ganze Familie… Aber die Zeiten änderten sich zum guten Glück.

Denn die Kosten für die Unmengen an Treibstoff, welche die Dampfmaschinen in der Fabrik sowie auf dem Verfolger-Schiff benötigten, machten den Betrieb der Walölgewinnung besonders in der Ölkrise der 1970-er Jahre unrentabel. Auch die synthetische Herstellung der verschiedenen Öle machte grosse Fortschritte.

Der Walfang von der Station aus dauerte bis 1978, als der letzte Wal legal in australischen Gewässern gefangen wurde. Denn 1978 wurde der Walfang in australischen Küstengewässern endlich auch offiziell verboten. Aber eigentlich hätte die Fabrik wohl auch sonst bald geschlossen.

Insgesamt wurden 1’136 Buckelwale und 14’695 Pottwale zwischen 1952 und 1978 von dieser Station gefangen.

Es ist ein Wunder, dass bei dieser sehr gefährlichen Arbeit in den 35 Jahren kein einziger Arbeiter tödlich verunglückte.

Die Cheynes Beach Whaling Company wurde somit 1978 geschlossen und das Gelände 1980 an die Jaycees Community Foundation übergeben. Die Stiftung wandelte die Station mit staatlichen und privaten Mitteln in ein Museum namens Whaleworld um. Das war im Nachhinein ein sehr glückliches Vorgehen für die Nachwelt, denn normalerweise werden solche Fabrikareale verschrottet oder Teile davon weiterverkauft.

Die Ausstellung Whaleworld mit den riesigen Skeletten aller grossen Meeressäuger (Wale, Tümmler),und einer Hai-Ausstellung und Displays zur Geschichte des Walfangs (sowie aktuell mit einem zehnminütigen 3D-Film in einem der Öl-Tanks) wurde im Mai 1985 offiziell eröffnet.

Das Verfolgerschiff Cheynes IV wurde in einer aufwändigen Aktion in das Museum integriert. Man baute einen grossen Wall um das Schiff, füllte diesen Pool mit Wasser, damit das Schiff höher lag und fixierte das Schiff. Danach liess man das Wasser ab und entfernte den Wall. Erst später merkte man, dass das Schiff mit einem 45°-Winkel zum natürlichen Ufer des Museums etwas unglücklich lag. Mit Hilfe von Holzplanken und Baggern dreht man es in die aktuelle Lage, sodass man einfacher über einen kurzen Steg in und auf das Schiff gelangen konnte. Das Dampfschiff ist in einem kompletten und sehr schönen Zustand. Wenn man es besichtigt, könnte man meinen, die Besatzung hätte es gerade eben verlassen.

Der heutige Name des Museums ist Albany’s Historic Whaling Station: Mit dem recht hohen Eintrittsgeld von AUD 32 für einen Erwachsenen zahlt man neben der 45-minütigen Führung auch gleich den Eintritt in den Australian Wildlife Park und den Garten mit regionalen Wildblumen.

Mich haben die Besichtigung des Schiffes und die Führung durch die wichtigsten Teile des Fabrikareals beeindruckt. Dass die ganze Fabrik und das Verfolgerschiff in einem so kompletten und schön erhaltenen Zustand sind, hätte ich nicht gedacht. Man kriegt einen guten Eindruck, auch mit guten Audio-Einspielungen, wie grausam diese Jobs und der Walfang an sich waren.

Es ist doch schön zu hören, dass sich die Bestände einzelner Walarten inzwischen gut erholen!

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