Auch dieses Jahr wollte ich den 190km langen Göta-Kanal mit seinen 58 Schleusen und 47 Brücken (siehe untenstehendes Bild) wieder fast von Anfang bis Ende erkunden.
Schleusentreppe von Berg
Den Start machte ich wie schon frühere Mal am Dienstag in Berg bei der immer wieder beeindruckenden Schleusentreppe und dem, heute nur von badenden Jugendlichen besetzten, riesigen Gästehafen. In der Vor- und Nachsaison müssen nämlich die Transfers im Konvoi gemacht werden. Deshalb sah es hier etwas sehr verlassen aus.
Der Göta Kanal
Der Göta Kanal wurde in den Jahren 1810-1832 erbaut und erstreckt sich zwischen Mem an der Ostsee bis nach Sjötorp am See Vänern. Zusammen mit dem Trollhätte Kanal verbindet der Göta Kanal Stockholm und Göteborg auf Wasserwegen und wird deshalb „Das blaue Band Schwedens“ genannt.Der Kanal ist 190km lang, 87km davon wurden von Hand gegraben. Insgesamt hat der Kanal 58 Schleusen. Initiant und Bauherr war Baltzar von Platen, und der Bau des Kanals wurde von insgesamt 58’000 Soldaten ausgeführt. Im 19. Jahrhundert war der Göta Kanal von grosser Bedeutung als Transportweg für Güter und Passagiere. Heute ist der Kanal eine der bekanntesten und meistbesuchten Touristenattraktionen Schwedens und wurde im Jahr 2000 von der schwedischen Bevölkerung zum schwedischen Bauwerk des Jahrtausends ernannt.
Übernachtung in Borensberg
Die Übernachtung hatte ich auf dem Kaffeteriet Stellplatz in Borensberg gebucht. Welchen der zahlreichen Plätze ich buchen wollte, hatte ich anhand der Karte ganz genau geschaut. Und tatsächlich hatte ich einen Volltreffer gelandet. Der Blick von meinem Stellplatz ging direkt auf den Kanal. Es war immer noch wunderbares Wetter und ich konnte draussen essen und auch am Abend noch einen kleinen Spaziergang am Kanal bis zum Boren (See) machen.
Das Wetter hatte sich am Mittwoch plötzlich von sommerlich heiss zu gewittrig verändert. Die Fahrt ging am Mittwoch und Donnerstag aber zuerst weiter für zwei Übernachtungen in den Tiveden Nationalpark, inklusive einem Besuch des Karlsborg Festung. Doch vor dem Ausflug nach Karlsorg schaute ich mir noch die Schleusentreppe in Borenshult an.
Ein teures Projekt
Am 11. April 1810 unterzeichnete König Karl XIII einen Privilegienbrief, welcher die Regeln für den Bau des Göta Kanals festlegte. Dadurch konnte in Forsvik und in Motala umgehend mit den Bauarbeiten des Kanalprojektes begonnen werden. Schon bald waren die Arbeiten auch an anderen Orten im Gange. In den ersten Jahren des Projektes gab es insgesamt 16 Arbeitsstationen.
1813 war in Forsvik die erste Schleuse des Kanals fertigerstellt, bereits im Jahr darauf wurden jedoch die Sorgen der Kanalgesellschaft grösser. Kritiker behaupteten, dass von Platen die Arbeiten bewusst entlang der gesamten Strecke verteilt hatte, um einen Abbruch des Projektes zu vermeiden. Die Kritik wurde 1815 noch stärker. Fünf Jahre, also die Hälfte der geplanten Bauzeit, waren vergangen, aber lediglich eine Schleuse von insgesamt 58 war fertig. Ein Viertel der Kanalstrecke war gegraben, aber die Kosten betrugen bereits 2’439’980 Reichstaler. Dies war 50% mehr als der Betrag, der für das ganze Kanalprojekt berechnet worden war.
Für die Verspätungen und die hohen Kosten gab es mehrere Erklärungen. Samuel Bagges Berechnungen hatten grosse Mängel und die Verfügbarkeit von Arbeitskraft wurde durch Schwedens Teilnahme im Krieg gegen Napoleon kleiner. Die vielen kritischen Stimmen wurden aber trotzdem eine Herausforderung für von Platen, der zu guter Letzt vom Reichstag ein staatliches Darlehen zur vorübergehenden Rettung des Kanalprojektes erhielt.
Die Reichstagsentscheidung über weitere finanzielle Unterstützung für das Kanalprojekt wurde 1829 zu Baltzar von Platens letzter grosser Probe. Bei seinem Auftritt im Reichstag verteidigte er das Kanalprojekt ein weiteres Mal. Trotz vielen harten Worten wurde über weitere Mittel entschieden, die Finanzierungsfrage war gelöst und die letzten Baujahre konnten ohne weitere Streitigkeiten durchgeführt werden. Von Platen hatte jedoch lediglich noch einige wenige Monate zu leben, bevor er drei Jahre vor der Einweihung des Göta Kanals verstarb.
Für Freitag und Samstag hatte ich mir einen Platz auf dem Campingplatz in Töreboda gebucht. Das ist genau auf halbem Weg am Abschnitt des Götkanals zwischen den Seen Viken und Vänern: 17km bis Tåtorp am Viken und 18km bis Sjötorp am Vänern. Dort hatte ich wiederum einen grossen Platz mit direktem Blick auf den Kanal!
Forsviks historisches Industriegelände
Doch zuerst machte ich einen Stopp in Forsvik und schaut mir dort das historische Industriegelände an.
Forsvik
Forsvik ist einer der ältesten Industriestandorte Schwedens; eine wunderschöne, einzigartige Umgebung mit einer Werksbahn und historischen Gebäuden, in denen sich eine Schmiede, eine Giesserei und eine Zellstofffabrik zur Papierherstellung befinden. Hier erwartet den Besucher ein Arbeitsumfeld mit einer über 600-jährigen Geschichte, in dem einzigartige Gebäude und faszinierende Exponate vom Metallhandwerk, der Technik und dem Leben in einer Industriegesellschaft erzählen. Hier wurde der Raddampfer Eric Nordevall II gebaut, der heute auf dem Göta-Kanal und den großen Seen fährt, und im alten Müllerhaus gibt es ein Café, Kafé Ada.
Ende der 1970er Jahre kam die gesamte Produktion bei AB Forsviks Bruk zum Erliegen und die Gebäude begannen langsam zu verfallen. Mit der Renovierung des Werks wurde 1983 begonnen und 1987 wurde die Stiftung Forsviks Bruk Industrial Memorials mit dem Ziel gegründet, die einzigartige Industrieumgebung zu erhalten, zu bewahren und wieder zum Leben zu erwecken. Forsviks Bruk wird heute von der Cultural Development Administration verwaltet – Schwedens grösster Verwaltung für Natur und Kulturerbe.
Das renovierte Werk ist ein lebendiges Museum: Die alte Giesserei ist heute eine spannende Bühne für Theater und Musik und die übrigen Gebäude werden unter anderem für Ausstellungen sowie Kurs- und Tagungsveranstaltungen genutzt.
Durch die vorhandenen Flussschnellen wurde der Ort schon sechs Jahrhunderte für den Antrieb von Mühlen und später für die Industrie genutzt. Der Ort ist einer der ältesten Industriestandorte Schwedens.
Die Stromschnellen als Quelle für Gewerbe und Industrialisierung
Der Fluss, der durch Forsvik strömt, war jahrhundertelang der Antrieb aller Gewerbebetriebe. Erst durch die Wasserkraft konnten das Werk und die Siedlung Forsvik entstehen.
Der Strom verbindet den See Viken mit den Seen Bottensjön und Vättern. Wasserwege waren in der Vergangenheit zentral für Reisen und Transporte, und Forsviks Lage trug entscheidend dazu bei, dass aus dem Dorf eine erfolgreiche Industriesiedlung erwuchs.
Man weiss, dass an diesen Ufern schon im frühen 15. Jahrhundert eine Mühle stand. Als die Mühle an das Kloster Vadstena überging, bauten Mönche hier eines der ersten wasserbetriebenen Sägewerke. Um 1550 gab es hier eine Hammerschmiede, ebenfalls angetrieben mit Wasserkraft.
Die Produktion auf Forsvik passte sich stets dem Wandel der Gesellschaft an. Im 17. und 18. Jahrhundert bewegte der Strom Hämmer und Blasebalge, um schmiedbares Eisen für den Export herzustellen. Ab 1870 floss das Wasser durch Turbinen für Schleifsteine, die Holz zermahlten. Nach 1900 installierte man ein Kraftwerk, das die Energie der Stromschnellen in Elektrizität umwandelte.
Ein paar der grösseren Gebäude werden inzwischen für Veranstaltungen genutzt und umgebaut, in den anderen Gebäuden kann man aber noch einen Einblick in die bis anfangs der Siebzigerjahre aktive Metallgiesserei und -verarbeitung gewinnen, aber auch die Reste der alten Mühlen und des Kraftwerks anschauen. Mir gefallen solche alten Industriegelände immer sehr. Ich kann mir richtig vorstellen, wie es laut war und wie es gestunken hat. Der Geruch von Öl und Metall und die uralte Drehbank in der mechanischen Werkstatt hat mich unvermittelt an meine Jugend erinnert, als ich den Ferien in der feinmechanischen Werkstatt, in welcher mein Vater arbeitete, an der Drehbank mit Serienarbeit mein erstes eigenes Geld verdienen durfte. Das war schon fast eine kleine persönliche Zeitreise. Jetzt ist es hier jedoch die reine Idylle: Kein Gestank, kein Lärm.
Im Ort selbst sieht man auch noch sehr schön die entsprechenden Häuser, wo die verschiedensten Gewerke und Rollen beheimatet waren. Auf Schildern wird die Geschichte jedes der Objekte ausführlich beschrieben. Sehr informativ!
Natürlich hat es hier auch eine Schleuse und ein Brücke über den Götakanal.
Ausflüge rund um Töreboda
Da das Wetter mit maximal 14°C immer noch kühl und unbeständig war, nahm ich bei Ankunft am Campingplatz trotzdem das Fahrrad vom Fahrradträger und machte mich gleich auf den Weg nach Tåtorp. Denn am nächsten Tag gibt es vielleicht kein solch angenehm trockenes Zeitfenster. Als ich nach 17km entlang des Kanals und einigen Seitenwechseln über die Brücken dort ankam, warnte mich die Wetterapp schon vor einem Regenguss in 45 Minuten. Daher sputete ich mich auf der Rückfahrt und kam kurz vor den ersten Regentropfen beim Camper an. Wenigstens konnte ich am Abend noch eine tolle Lichtstimmung am Kanal fotografieren.
Am Samstag sagte die Wetterapp ab Mittag gewittriges und unbeständiges Wetter voraus. So machte ich mich am Morgen bei Sonnenschein, noch vor dem Zähneputzen auf den Hälsan Stig, eine 5km lange Runde am Kanal bei Töreboda. Auf dieser konnte ich nicht nur eine Bachunterführung bestaunen (da nicht unkontrolliert Wasser in den Kanal gelangen soll, werden Bäche und andere Fliessgewässer unter dem Kanal durchgeführt), sondern auch den wartenden Konvoi von Schiffen begutachten, das nicht so tolle Zentrum von Töreboda besichtigen, lustige Vogelhäuschen bestaunen, sowie die kleinste Fähre in Schweden benutzen! Ich war doch tatsächlich 11 Minuten nach Betriebsstart (um 9 Uhr) dort.
Diese kleine Rundweg sah dann so aus:
Instruktionen für Schleusen- und Brückenwärter
1876 legte die Direktion der Kanalgesellschaft neue Instruktionen und Regeln fest für „das Bedienen der Brücken und Schleusen des Göta Kanals“. Beispielsweise durfte der Schleusen- oder Brückenwärter sich nicht länger von seiner Station entfernen, „als dass er ankommende Schiffe ohne Verzögerung bedienen konnte“.
Ebenfalls musste er:
„Die Schleuse und Brücke mit Sorgfalt pflegen, sowie mit strenger Aufmerksamkeit auf Reinhaltung sowie Schneeräumung achten, sodass der Verkehr nicht gehindert wird. Nicht erlauben, bei Pforten oder Barrieren anzulegen, und mit äusserster Aufmerksamkeit beaufsichtigen, dass der Schleuse, der Brücke oder einem anderen Kanalgebäude durch Fehler des Kapitäns Schaden zugeführt wird. Falls dies geschieht, muss dies dem Distriktvorstehenden unmittelbar und bevor das Schiff durchgelassen wird, gemeldet werden.“
Schleusen in Sjötorp
Und am Sonntag besichtige ich dann zum Abschluss noch die Schleusen in Sjötorp und staunte, wie weit man in dieser Gegend gemäss Wegweiser mit dem Fahrrad fahren könnte.
Aber mein Ziel wäre am Sonntag eine Wanderung im Kinnekulle am Vänern gewesen. Da das Wetter aber sehr unbeständig, kalt und stürmisch war, besuchte ich das Schloss Läckö und übernachtete danach im voraus gebuchten Kinnekulle Camping & Stugby. Mein Auto war durch die teilweise heftigen Regengüsse wenigstens richtig schön gewaschen…







































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