Den Hauch der Geschichte in Kalmar spüren: Das herrschaftliche Schloss, die mittelalterliche Altstadt, die alte Neustadt sowie der dramatische Untergang des königlichen Schiffes Kronan

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Den heutigen Tag habe ich für einen erneuten Besuch von Kalmar reserviert. Vom Campingplatz aus sind es mit dem Fahrrad kurze 3km bis zum herrschaftlichen Schloss. Es herrscht wieder wunderbares Wetter! Ich schwinge mich auf den Sattel und fahre entlang von beeindruckenden Sportanlagen und einem schönen, öffentlichen Strand durch den Friedhof und parke das Fahrrad vor dem Schloss.

Das Kalmarer Renaissanceschloss

Das sagenumwobene und in früherer Zeit sehr machtvolle Kalmarer Schloss steht für die Geschichte von Kalmar voller Grossmachtpolitik, Hofintrigen, Erstürmungen und blutiger Kriege.

Das Kalmarer Schloss
Schloss Kalmar ist das am besten erhaltene Renaissanceschloss in den nordischen Ländern. Bei der Besichtigung des Schlosses kann man sich entweder für eine Führung entscheiden oder das königliche Appartement und die Kapelle Johannes III. auf eigene Faust erkunden. Die Besichtigung der Wallanlagen ist kostenlos und die Aussicht über den Kalmarsund ist ein Genuss!
Das 12. Jahrhundert war eine Zeit der Unruhen. Angriffe vom Meer aus waren sehr gefürchtet. Um den Hafen von Kalmar zu schützen, wurde ein massiver Steinturm errichtet. Im 13. Jahrhundert errichtete König Magnus III. eine brandneue Festung mit einer Ringmauer um den Turm, was sie zu einer der uneinnehmbarsten Befestigungsanlagen des Landes machte. Der quadratische Torturm Kuretornet ist der beeindruckendste.
An diesen Mauern wurden viele Kriege geführt und auf der Burg fanden wichtige Versammlungen statt. Hier wurde am 17. Juni 1397 die Kalmarer Union geschlossen, die eine Union zwischen Schweden, Dänemark und Norwegen begründete. An diesem Tag liess Königin Margareta ihren Grossneffen Erich von Pommern hier in Kalmar zum König der Union krönen.
Im Jahr 1544 beschlossen König Gustav I. und das schwedische Parlament in Västerås, einen Verteidigungsplan für das Königreich aufzustellen. Die Festungen des Landes sollten modernisiert werden. Die Arbeiten in Kalmar begannen bereits im nächsten Jahr. Neben vier niedrigen, runden Kanonentürmen wurden feste Mauern mit Wällen errichtet. Innerhalb der Stadtmauer verwandelten Gustav I. und seine Söhne Erich XIV. und Johannes III. die Festung in ein prächtiges Renaissanceschloss. Es wurden neue lange Gebäude mit Wohnungen für den König und die Königin errichtet. Die Wohnungen erhielten eine aufwendige Innenausstattung der Baumeister Jacob Richter und der Brüder Johan Baptista Pahr und Dominicus Pahr. Der Innenhof war mit Portalen und einem geschnitzten Steinbrunnen geschmückt.
Die Regionen Skane und Blekinge wurden 1658 schwedisch, wodurch Kalmar keine einflussreiche Grenzbefestigung mehr war. Im 18. Jahrhundert diente die Burg als Gefängnis, Staatsbrennerei und Depot. Der Verfall hielt an, doch dank umfangreicher Renovierungsarbeiten im 19. und 20. Jahrhundert konnte das Schloss wiederhergestellt werden. Die Silhouette des Schlosses Kalmar wurde 1880 vom Architekten Helgo Zettervall entworfen.

Ich habe dieses Mal das Innere des Schlosses nicht besucht, da ich die Räume und die Ausstellung schon vor 9 Jahren besuchte und einen anderen Plan hatte (siehe untenstehend). Aber ich habe die eindrücklichen Wallanlagen und das Schloss von aussen bewundert.

Kalmar – Die Geschichte der Küstenstadt
Vom Meer aus erkennt man die Bedeutung, die die Stadt am Kalmar Sund einst hatte, sofort: Das prächtige Schloss mit seinen kupfergrünen Kuppeln, Giebeln und Türmen direkt am Wasser ist nicht zu übersehen.
Ursprünglich als Festung angelegt erlebte die Burg im Laufe ihrer bald neunhundert Jahre langen Geschichte glanzvolle Epochen und Zeiten des Niedergangs. Seit 1397 ist der Name der Stadt untrennbar verbunden mit dem ersten Bund der Nordischen Länder – der Kalmarer Union, die hier vereinbart wurde und fast 150 Jahre lang Schweden, Dänemark und Norwegen zu einem Reich vereinte.
In den Jahren danach, als wieder mehr Zwist herrschte im Norden, musste Schweden hier seine Grenze zu Dänemark sichern und verteidigen. König Gustav Wasa ließ die vier mächtigen, für seine „Wasa-Burgen“ typischen dicken Wehrtürme bauen. Seine Söhne verwandelten die Burg schließlich in ein schönes Schloss mit Palastsälen.
Die Stadt zu Füssen der Burg war schon früh ein wichtiger Hafen und Handelsplatz. Nach Kriegen und verheerenden Stadtbränden wurde im 17. Jahrhundert beschlossen, die Stadt neu zu gründen. Das mittelalterliche Kalmar mit seinen engen und krummen Gassen direkt zu Füssen des Schlosses ist heute noch ein schöner Gegensatz zur „Neustadt“ auf der Insel Kvarnholmen mit ihrer planmässigen Stadtanlage. Aber auch in der „Neustadt“ mit ihrer zum Teil erhaltenen Stadtmauer, der prächtigen Kirche, den Plätzen und den sehr gut erhaltenen historischen Gebäuden spürt man als Besucher auch heute noch den Flügelschlag der Geschichte auf Schritt und Tritt.

Die mittelalterliche Altstadt

Gleich gegenüber kann man die mittelalterliche Altstadt aus dem 17. Jahrhundert mit den Kopfsteinpflasterstrassen und vielen alten, schmucken Häusern besuchen.

Die alte Neustadt auf Kvarnholmen

Mit dem Velo habe ich dann die breite Strasse und die Bahngeleise überquert und bin in der modernen, aber trotzdem schon alten Neustadt auf Kvarnholmen (siehe Text oben) angekommen. Dessen sehr grosszügige Fussgängerpassagen, den grossen Hauptplatz und dessen Dom, am Rand der Neustadt auch wieder die kleinen Strässchen mit alten Häuschen sowie die Aussicht auf den Hafen und umliegende Quertiere habe ich in einer schönen Runde besichtigt.

Das königliche Kriegsschiff Kronan im Kalmar Läns Museum

Mitten in dieser Runde durch Kvarnholmen habe ich jedoch mein Fahrrad vor dem Kalmar Läns Museum (das Kalmarer Kreismuseum) geparkt, um im Museum einige der 20’000 geborgenen Objekte des königlichen Kriegsschiffes Kronan aus dem 17. Jahrhundert zu bestaunen. Im Erdgeschoss sind viele eindrückliche und perfekt restaurierte Kanonen zu begutachten, aber in der dritten Etage stellt ein beeindruckender Museumsrundgang zuerst die Fakten der Bergung und danach alle Aspekte des Schifflebens und eine Vielzahl der geborgenen Artefakte aus. Mich beeindruckte die Ausstellung sehr und ich bereute es nicht, an diesem sonnigen Tag in ein abgedunkeltes Museum abgetaucht zu sein. Ich war total überwältigt von den vielen eindrücklichen Objekten und Informationen zur Geschichte des Schiffes. Ich konnte richtiggehend in den „Schiffskosmos“ des 17. Jahrhunderts eintauchen. Es steckt auch eine gigantische Arbeit in der perfekten Restauration der gezeigten Objekte.
Die Details zur Geschichte der Kronan und zur Bergung der Objekte sind im untenstehenden Text zu finden. Hier hoffen alle, dass die umgekippte, fast vollständig erhaltene Seite der Kronan auch geborgen wird und vielleicht mal ein genauso schönes Museum wie die Vasa in Stockholm kriegt.

Das königliche Schiff Kronan (deutsch „Die Krone“)
Das königliche Schiff Kronan war eines der mächtigsten Kriegsschiffe der schwedischen Flotte aus dem 17. Jahrhundert. Es wurde auf der Werft in Stockholm gebaut und 1668 vom Stapel gelassen. Das Schiff war Teil der ständigen Bemühungen der schwedischen Marine, ihre Kriegsschiffe zu verbessern und zu modernisieren. Am 1. Juni 1676 beteiligte sich die Krone an der Schlacht auf Öland gegen eine dänisch-niederländische Flotte. Der Donner der Kanonen erfüllt die Luft, vermischt mit den herzzerreißenden Schreien der Menschen und dichtem Schießpulverrauch, der über das Wasser bei Öland fegt. Plötzlich explodiert das Schiff und färbt den Himmel blutrot. Fragmente des Schiffes fliegen wie Streichhölzer durch die Luft, zusammen mit Menschen wie Marionetten in dem dramatischen Spektakel. Während der Schlacht explodierte tatsächlich das Pulvermagazin des Schiffes und die Kronan sank. Der Untergang der Kronan ist eine der größten Schiffskatastrophen in der schwedischen Geschichte.
Nach 300 Jahren Vergessenheit entdeckte der Taucher Anders Franzén 1980 den Kronan. Seither wird zur Kronan systematisch getaucht, mehr als 20’000 Objekte wurden geborgen. Die Ausstellung präsentiert die Ergebnisse aus 40 Jahren mariner archäologischer Ausgrabungen. In der Ausstellung kann man zum Beispiel die beiden Goldmünzenschätze der Kronan, von denen einer der grösste Schwedens ist, sowie zwei der grössten maritimen Silbermünzenschätze Schwedens bestaunen. Auf der Eingangsebene des Museums befinden sich die meisten der rund vierzig Bronzekanonen, die seit ihrer Entdeckung im Jahr 1980 aus der Kronan geborgen wurden. Von denen sind etwa die Hälfte schwedische Kanonen und der Rest ist Kriegsbeute vom europäischen Kontinent. 

Weitere interessante Fakten
Am Mittag des 1. Juni 1676 kenterte das königliche Schiff Kronan, explodierte und sank während eines Zusammenstoßes zwischen der schwedischen und der kombinierten dänisch-niederländischen Flotte. Das Schiff kenterte bei starkem Südwestwind beim Wenden in Richtung des Feindes, vermutlich aufgrund einer zu geringen Reduzierung der Segel. Die Kollision ereignete sich 6 km außerhalb des Dorfes Hulterstad im Südosten Ölands.
Der Untergang der Kronan ist eine der größten Schiffskatastrophen in der schwedischen Geschichte. Von der 850 Mann starken Besatzung überlebten nur etwa vierzig. Mehrere Faktoren dürften zum Untergang der Krone beigetragen haben. Die Instabilität des Schiffes, eine zu große Segelfläche im Zusammenhang mit der Wende, mangelnde Koordination zwischen den Staffeln, eine schlecht ausgebildete Besatzung und die Rivalität zwischen den Offizieren sind in diesem Zusammenhang wichtige Faktoren. Trotz der beobachteten Instabilität des Schiffes war die Kronan im Gegensatz zum königlichen Schiff Vasa (welches im Hafen von Stockholm nach dem Stapellauf als Ganzes sank und dort nun als Ganzes ausgestellt ist) mehrere Jahre ohne grössere Pannen unterwegs gewesen. Was der Kronan schliesslich ihren Untergang bescherte, war eine Reihe falscher Urteile, was im modernen Sprachgebrauch „den menschlichen Faktor“ genannt würde.

Nach dieser Runde bin ich wieder die selben 3 Kilometer via Schloss – Friedhof – Sportanlagen / Badebucht zum Campingplatz zurück geradelt.

Nachts war dann schon wieder Gewitterregen angesagt. Am Morgen war also mein Camper schon wieder total versifft. Schon fast eine Sysiphus-Arbeit, aber auf das Dach hatte ich (ausser durch die beiden engen Dachluken) keinen guten Zugang. Dort sah es schlimm aus… Daher habe ich mir einen Wohnmobil-Händler herausgesucht, wo ich vielleicht eine Waschbürste mit verlängerbarem Stil finden würde. Also bin ich um 9 Uhr dort eingetroffen. Aber die Bürste war dann leider nicht das, was ich mir vorstellte. Auf meine Nachfrage, ob es in der Nähe einen wohnmobiltauglichen Waschplatz gäbe, wies er mich nur ein paar Strassen weiter zu Tvättornet Tvätcenter, wo ich für SEK 100.- (rund CHF 8.-) den Camper von oben (über eine Brücke) und von den Seiten selber wieder schön sauber machen konnte. Das war eine „saubere Aktion“, wie wir Schweizer sagen.

Zurück auf dem Campingplatz

So war ich nun bereit, die Insel Öland, die beliebtesten Ferieninsel der Schweden, zu erkunden. Ich hatte im Norden von Öland, auf dem grössten Campingplatz von Schweden, dem sehr grosszügigen Böda Sand Beach Resort mit seinem unfassbaren Angebot und dem noch tolleren Strand 3 Nächte zum Vorsaison-Supersparpreis gebucht. Aber zuerst sollte es in den Süden der 140km langen Insel gehen. Dazu überquerte ich mit dem glänzenden Camper bei strahlendem Sonnenschein die mit 6km längste Brücke Schwedens.

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