Auf der Fahrt von Kalbarri nach Geraldton kann man ein Naturphänomen kaum verpassen, welches sogar für australische Mode-Fotoshoots (Lancôme’s Life is Beautiful Kampagne und Myers Jennifer Hawkins Sommerkollektion) als Hintergrund verwendet wurde. Es handelt sich um den sogenannten Pink Lake, mit richtigem Namen Hutt Lagoon.
Rosafarbene Wolken kündigen das Farbspiel der Lagune schon von weitem an. Aber zuerst muss man einen Parkplatz finden! Entweder man hält einfach am Strassenrand (was ich nicht wollte) oder fährt an der BASF-Fabrikanlage vorbei und hält am einzigen Parkplatz, der ganz in der Nähe der Lagune ist. Man kann dann zu Fuss bis auf den See laufen. Die groben Kristalle des getrockneten Salzes geben einen guten Halt, sodass man bis an den Rand des pinken Sees gehen kann und tolle Fotos schiessen kann.
Die Lagune von Hutt hat einen rosa Farbton, der durch das Vorhandensein der Carotinoid-produzierenden Alge Dunaliella salina, einer Quelle von ß-Carotin, einem Lebensmittelfarbstoff und einer Quelle von Vitamin A erzeugt wird. Die Lagune ist ungefähr 70 Quadratkilometer gross, wobei der grösste Teil wenige Meter unter dem Meeresspiegel liegt. Sie ist vom Indischen Ozean durch einen Strandkamm und ein Sperrdünensystem getrennt. Ähnlich wie der MacLeod-See, 40 Kilometer nördlich von Carnarvon, wird die Hutt-Lagune durch Meerwasser gespiesen.
Abhängig von der Tageszeit, der Jahreszeit und der Wolkenbedeckung ändert sich der See durch das Spektrum von Rot über Kaugummi-Rosa bis hin zu Lila. Die beste Tageszeit für einen Besuch ist der Vormittag oder der Sonnenuntergang.
Da ich tatsächlich vormittags da war, hat sich der Effekt sehr intensiv gezeigt. Ich bin überrascht, wie toll die Fotos geworden sind. Meist sieht das in Realität viel besser aus als fotografiert und man ist im Nachhinein etwas enttäuscht, wie schlecht die Fotos den echten Eindruck wiedergeben.
In der Nähe der Hutt Lagoon lassen sich aber noch einige andere Orte besuchen.
Port Gregory liegt in der Nähe der Mündung des Hutt River. Das beschauliche Fischerdorf ist von einem fünf Kilometer langen freiliegenden Korallenriff umgeben. Ursprünglich für die Geraldine Leadmine entwickelt, ist die Stadt heute ein Ferien-Hotspot zum Angeln, Tauchen. Ich befinde mich ja weiterhin an der Coral Coast! Auf einen Besuch von Port Gregory habe ich jedoch verzichtet. Horrocks wäre ein ähnlicher Ort an der Küste.
Dafür habe ich Northampton, der zweitältesten Stadt von West-Australien einen Besuch abgestattet. Dort sind viele historische Gebäude zu finden und man fühlt sich mit den altertümlichen, aber schön hergerichteten Läden und Restaurants fast ein halbes Jahrhundert in der Zeit zurückversetzt.
Northampton liegt mitten in einem grossen Getreideanbaugebiet. Man staunt nicht schlecht, wenn man aus dem wilden Norden kommt, wo in der Halbwüste zwischen den Gestrüppen, Spinifexgras und Bäumen meist nur extensive Rinderwirtschaft betrieben wird. Und dann sieht man bis hinter den Horizont nur noch hellgelbe Getreidefelder. Ich staune ab den Getreidearten, denn die Stengel dieser Sorten wachsen nur etwa 20-30cm hoch!
Die Felder sind erntebereit oder sogar schon abgeerntet: Alle paar Minuten fährt ein Roadtrain (hier im Westen nur mit einem Anhänger, respektive 25m lang) an einem vorbei zu einem der Getreidespeicher oder zum Hafen von Geraldton. Dort stehen beeindruckend grosse Speicher für die Verschiffung des Getreides.
Eine weitere Besonderheit könnte man die Principality of Hutt River (das Fürstentum Hutt River) besuchen. Das Fürstentum hat eine Fläche von ca. 75 km² und ist laut eigener Deklaration ein unabhängiger souveräner Staat, der sich am einundzwanzigsten April 1970 von Australien getrennt hat. Es ist von vergleichbarer Grösse wie Hongkong (ohne die New Territories), wenn man diesen Vergleich machen will. Ein „Visum“ bekommt man in den Visitor Centers von Kalbarri oder Northampton. Anerkannt ist diese unabhängige Provinz aber weder national noch international… Da der selbsternannte Prince Leonard nun leider verstorben ist, wird diese Skurrilität aber wohl als Touristenattraktion weiter bestehen. Die seit 2011 kaum gepflegte Website dokumentiert das ganze Sammelsurium des Fürstentums.
Auf der Fahrt von Northampton nach Geraldton lohnt es sich, den kleinen Umweg über die Scenic Route durch das Chapman Valley zu nehmen. Die Landschaft ist wirklich grandios und gegen Ende der Route lockt noch ein gemütlicher, sorgfältig und komplett ausgestatteter Picknick-Platz im Nirgendwo. In den kleinen Ortschaften fühlt man sich tatsächlich wie in eine andere Zeit versetzt.
In Geraldton empfangen einem dann das geschäftige Leben einer Stadt und tatsächlich auch mal wieder viele Ampeln. Diese habe ich die letzten Wochen überhaupt nicht vermisst. Der Vorzug der grösseren Stadt ist, dass es dort einen Toyota-Händler gibt. Dieser hat mir einen Termin am Nachmittag gegeben, wo sie den Fehlerspeicher meines Campervan gelöscht haben: Nun funktioniert TRC (respektive ESP) bei meinem Fahrzeug wieder… Wenn ich das nächste Mal eine Sand- oder Offroadpiste fahre, schalte ich das TRC vorher ab. Man lernt ja nie aus.
Und morgen Abend ist hier Regen angesagt! Ich muss mich langsam auf anderes Wetter einstellen.