Rundwanderung mit Meer und Moor: Weitläufiger Ostseestrand, renaturiertes Ribnitzer Grosses Moor und viel Wald

Gestern konnte ich bei einer morgendlichen Strandwanderung und nachmittäglichem Strandbesuch einen weiteren perfekten Strandtag geniessen. Es war angenehm warm und es blies fast kein Wind.

Heute war wieder etwas mehr Wind angesagt. Am Morgen habe ich zuerst mal in Born bei der einzigen Tankstelle der Gegend dem Auto eine Wäsche in der Waschanlage gegönnt. Es war durch das Parken hinter den blühenden Büschen beim Parkplatz und durch den aufgewirbelten Staub der Sturmwinde und des Grasschnitts total versifft. Für den Nachmittag habe ich mir noch einen Rundwanderweg aus der Komoot Wander-Collection des Tourismusverband Fischland-Darß-Zingst ausgesucht. Dieser startet gut 10km südlich von Wustrow im Ortsteil Neuhaus von Dierhagen und verspricht eine 9.4km lange Rundwanderung mit Strand, Moor und Wald.

Ich parke mein Auto auf dem leeren Parkplatz (€1.5/h, Tagesticket €10) an der Birkenallee, wo ich wieder die Easypark-App einsetzen kann. Die Wanderung geht zuerst entlang des Camping im Neuhaus, der direkt hinter den hohen Dünen liegt. Der eher kleine Campingplatz schien mir einen sehr gepflegten Eindruck zu machen. Als nächstes gibt es einen kurzen Abstecher durch die Wasserbecken des Neuhauser Moors. Hier konnte ich eine Schwanenfamilie beobachten, aber der Schwanenvater hat gleich mit einem engagierten Schumm in meine Richtung seinen noch ganz jungen Nachwuchs zu verteidigen versucht. Oder hat er von mir nur etwas Futter erwartet?

Danach kann man sich entweder den Weg hinter den hohen Dünen oder für eine Strandwanderung entscheiden. Da die Sonne schien, habe ich mich für den Strand entschieden. Auf der Düne habe ich mich auf die Bank gesetzt, die Hikingschuhe ausgezogen, die Wanderhose gekürzt und die Windweste montiert. So geht es über 1.6km den sehr breiten und menschenleeren Strand entlang, immer gegen den recht starken Wind!

Die hohen Dünen und die Weite des Strandes sind sehr imposant. Beim Strandübergang 28 geht es wieder zurück auf die andere Seite der Düne. Dort muss ich zuerst den Sand von meinen Füssen entfernen und dann wieder die Wanderschuhe anziehen. Denn nun geht es in das Naturschutzgebiet Ribnitzer Grosses Moor.

Das Naturschutzgebiet Ribnitzer Grosses Moor ist das interessanteste küstennahes Hochmoor (Regenmoor) Mecklenburg-Vorpommerns. Es wurde 1939 unter Schutz gestellt. Die Größe beträgt 273,88ha, davon liegen ca. 3/4 im Landkreis Nordvorpommern (östlicher Teil) und 1/4 im Kreis Bad Doberan (westlicher Teil). Der Beginn der Vermoorung fand nach physikalischen Messungen vor ca. 11’000-12’000 Jahren statt. Seit Jahrhunderten erfolgten umfangreiche Abtorfungen. Noch bis 1950 wurde im Zentrum und im Neuhäuser Teil maschinell abgetorft. Diese Torfstiche mit ihren freien Wasserflächen sind heute wertvolle Biotope.
1934 und 1947 brannten einzelne Teile des Moores aus. Gegenwärtig sind 2/3 des Naturschutzgebietes infolge zu niedrigen Wasserstandes mit Kiefer und Birke natürlich bewaldet. Entbuschungen ohne Hebung des Wasserstandes sind wenig effektvoll. Neben bewaldeten Flächen findet man zwischenmoorartige Regenerationsstadien, Schlenkenstadien mit einer Torfmoos-Wollgras-Gesellschaft und verschiedene Torfmoos-Bultgesellschaften. Hier wachsen vom Aussterben bedrohte bzw gefährdete Pflanzenarten wie: Rundblättriger Sonnentau, Königsfarn, Weißes Schnabelried, Glockenheide, Gagelstrauch, Sumpfporst, Schmalblättriges und Scheidiges Wollgras, Moosbeere und diverse Torfmoosarten. Seltene Libellen- und Schmetterlingsarten haben hier ihren Lebensraum. Moorfrosch, Kreuzotter, Sumpfohreule und Kranich kann man bei vorsichtiger Beobachtung sehen.
In der Vergangenheit wurde das Moor zur Torfgewinnung entwässert. Ab 1975 wurden Staue am Rande mit dem Ziel errichtet, eine Verbesserung der hydrologischen Verhältnisse zu erreichen, die Bewaldung zurückzudrängen und die Lebensbedingungen für die zu fördernde Regenmoorlebensgemeinschaft zu verbessern.
In stark entwässerten Mooren kommt es zu Torfzersetzungen, dabei werden bedeutende Mengen Kohlendioxid und Stickstoffverbindungen freigesetzt. Solche Moore werden zu einem Umwelt-problem. Im Rahmen des Regenmoorschutzprogramms des Landes Mecklenburg-Vorpommern wurde für das „Ribnitzer Grosse Moor“ von 1996-2000 ein Renaturierungsprogramm durchgeführt.
5 ausgeschilderte Wanderwege führen sicher durch das Moor. Nicht alle Naturräume sind für den Tourismus freigegeben, damit nachfolgenden Generationen die Schönheit des Naturschutzgebietes mit seiner Artenvielfalt erhalten bleibt.

Auf einem schönen und lichten Pfad geht es durch den Wald weit in das Moor hinein. Nach einem Linksabbbieger ist der Weg wohl vor nicht allzulanger Zeit neu mit zusätzlichem Sand befestigt worden. Wahrscheinlich nicht gerade zur Freude der Fahrradfahrer.

Dann biegt mein Weg links in den Exkursionsweg ab. Dieser Weg ist mit vielen interessanten Informationstafeln versehen, welche dem Wanderer die verschiedenen Pflanzen, Tiere und Landschaftsformen erklären.

Ein unberührtes Regenmoor zeichnet sich durch eine aufgewölbte Oberfläche aus. Diese entsteht durch Torfmoose, die ein Vielfaches ihres Eigengewichtes an Wasser speichern können und während des Vertorfungsprozesses akkumulieren. Die Herausbildung extremer Lebensraumbedingungen, wie ein sehr niedriger pH-Wert, extreme Nährstoffarmut und ein Wassergehalt der Torfe von mehr als 90%, erlauben nur hochspezialisierten Organismen das Überleben. Solche Moore sind in unseren Breiten weitgehend frei von Gehölzbewuchs. Die Oberfläche ist durch Bulte und Schlenken charakterisiert. Auf den Torfmoosbulten siedeln Zwergsträucher und Scheidiges Wollgras, in den Schlenken Torfmoose und Schmalblättriges Wollgras.
Der Moorwald stellt sich in verschiedenen Sukzessionsstufen ein, wenn das Moor entwässert wird. Er ist nicht torfbildend, sondern torfzehrend. Dieser, das Moor zerstörende Prozess, wird durch eine Vielzahl von Pflanzen der Strauch-und Krautschicht, die sich im Gefolge des Waldes einstellen, verstärkt.
Wasser kann nicht mehr gespeichert werden, das vorhandene Wasser wird ver-braucht, Nährstoffe werden angereichert, der pH-Wert steigt an.
Torfstiche sind künstliche Wasserbecken unterschiedlicher Größe innerhalb der Torfe. Das sich in ihnen sammelnde und mit Niederschlägen vermischte Wasser kommt in seiner chemischen Zusammensetzung dem natürlichen Moorwasser sehr nahe. In ihrer Vegetation ähneln sie daher den ursprünglichen Schlenken des Regenmoores. Sie sind gegenwärtig oft die wertvollsten Biotope innerhalb der Moore. In ihnen wird Torf gebildet und akkumuliert.
Das Regenmoor war mehrere Jahrhunderte durch Entwässerung und Torfgewinnung in seiner Entwicklung gestört. Das Resultat sind Moorwälder und mehr oder weniger verlandete Torfstiche. Ziel der Wiedervernässung und der Renaturierung ist es, einen Wasserüberschuss zu bilden, der die Moorwälder zurückdrängt und der gefährdeten regenmoortypischen Vegetation einen grossen Lebensraum gewährt. Auf diese Weise wird der Torfbildungsprozess wieder grossflächig in Gang gesetzt.

Man kann aber auch ein paar Kunstwerke entdecken, die auf Geschichten und Sagen hinweisen, welche praktischerweise auch auf Tafeln beschrieben sind. Einige Bänke laden zum Verweilen ein. So kann man das Moor entschleunigt und Schritt für Schritt geniessen.

Die Göttin im See
Jedes Jahr zum Frühlingsmond versammelten sich die Stämme, die in der Nähe des Heiligen Sees wohnten, am Ufer, um ihre Göttin willkommen zu heißen und sie um Fruchtbarkeit für Pflanzen und Tiere zu bitten. Selbst über das Wasser kamen die Menschen in Booten, um ihre Göttin zu sehen. Kostbare Geschenke warfen sie in das Wasser, um die schöne Frau gütig zu stimmen. Stand dann der leuchtende Mond über dem klaren Wasser, erschien in der Mitte des Sees die Göttin auf einer Plattform. Wunderschön war sie anzusehen, ihr langes blondes Haar bewegte sich leicht mit kräuselnden Wellen. Mancher junge Mann entbrannte in unstillbarer Liebe zu ihr und sprang ins Wasser, um zu ihr zu gelangen. Doch nie erreichte sie einer. Die Seerosenstengel zogen ihn vorher in die Tiefe. Manch goldgieriger Abenteurer tauchte im Laufe der Jahrhunderte in den Tiefen des Sees nach Opfergaben. Doch nie kam er mit der Beute heraus, jeder ertrank. Von Zeit zu Zeit lagen am Ufer die weissen Knochen der geldgierigen Räuber, als wollten sie weitere Zudringlinge warnen.

Die Hand im Moor

Vor langen Jahren lebte ein böser Köhler bei Müritz. Seine Geldgier kannte keine Grenzen. Er gönnte sich und seiner Familie nichts und raffte alles Geld zusammen, des er bekommen konnte. Eines Tages kam zu ihm ein reicher Mann und bat, ihn von der Köhlerei durch das Moor an den Müritzer Strand zu führen. Er wollte ihn dafür auch gut entlohnen. Zum Zeichen seiner guten Absicht zeigte er ihm einen gut gefüllten Geldbeutel. So machte sich der Köhler mit dem reichen Mann auf den Weg durch das Moor. Unterwegs überlegte er, warum er sich mit ein paar Geldstücken zufrieden geben sollte, wenn der Mann doch sehr viel mehr mit sich herumtrage. Also stellte er es so an, dass er hinter dem Mann zu gehen kam und stieß ihn an einer günstigen Stelle wie aus Versehen in ein Moorloch. Der Mann schrie und bat um Hilfe. Der Köhler aber erklärte, er werde ihn nur herausziehen, wenn er dafür all das Geld bekomme, das der Mann mit sich herumtrage.

Da der Mann erst bis zur Hüfte eingesunken war, holte er alles Geld aus seiner Brusttasche und gab es dem Köhler. Der nahm es und ließ den schreienden Mann allein im Sumpf zurück. Er setzte sich in einiger Entfernung an eine Birke und bemerkte mit Befriedung, dass die Schreie des Mannes bald aufhörten und zählte mit gierigen Augen das Geld. Als er das getan hatte, steckte er den Beutel in die Brusttasche und machte sich auf den Weg nach Hause. Doch plötzlich bemerkte er zu seinem Entsetzen, dass an einer Wegbiegung eine schwarze Hand aus dem Moor nach ihm griff. Er wollte zurückspringen, doch die Hand hatte ihn schon gefasst und liess nicht mehr los. Langsam zog sie ihn in den Sumpf, und der Köhler mochte sich mit allen Kräften wehren, es half nichts, er wurde in den Sumpf gezogen, und seitdem hat man nichts wieder von ihm gehört. Wanderer im Moor wollen von Zeit zu Zeit eine schwarze Hand gesehen haben, die aus dem Sumpf herausragte doch sie griff nur nach den bösen Menschen, guten tat sie nichts.

Nach der Runde durch das Moor geht es zurück in den Wald. Auf dem langen Weg durch den lichten Wald bin ich alleine unterwegs. An einer Weggabelung mache ich auf einer sonnigen Bank einen Halt und trank das mitgeführte Wasser.

Auf dem Weg durch das Moor und durch den Wald war es mangels Wind gefühlt recht schwül, daher konnte ich mich hier an der Sonne etwas aufwärmen und trocknen und dann den restlichen Weg zurück nach Neuhaus unter die Schuhsohlen nehmen. Ich folgte dem Fischländer Weg, einer der ältesten Wegtrassen vom Fischland nach Rostock, welcher auch an einer Moorkate vorbeiführte.

Am Rande des Grossen Ribnitzer Moores wurde 1840 das Moorwärterhaus errichtet, im Volksmund Moorkate genannt, um den zahlreichen Torfdiebstählen zu begegnen. Denn Torf war schon im 17. Jh. für die Stadt Ribnitz eine lukrative Einnahmequelle. Die Bewohner der umliegenden Dörfer duften Torf als Brennstoff im Eigenbedarf zwar erwerben, mussten aber ein so genanntes Moorgeld entrichten. Da die armen Bewohner dieser Dörfer jenen Obolus meist nicht aufbringen konnten, kam es oft zu Diebstählen. Als die Diebstähle der Dändorfer und Dierhäger zu heftig wurden, setzte man erstmals ab 1814 einen Moorwärter ein. Das für ihn errichtete Gehöft liegt direkt am Fischländer Weg, eine der ältesten Wegtrassen vom Fischland nach Rostock.

Danach folgt eine lange gerade Allee mit teils beeindruckenden Eichen auf beiden Seiten. Diese führt zurück an die Birkenallee, wo ich auf dem Wanderweg entlang der Strasse zurück zum Parkplatz gelange.

So habe ich wieder einmal ein neues Gebiet erkundet und viel über Moore gelernt! Und ich habe nur einen einzigen unbedeutenden Mückenstich, ohne Mückenspray zu benutzen, mitgenommen.

Rückblickend hätte ich diese Wanderung (bei Westwind) wohl eher in die Gegenrichtung gemacht. Dann hätte ich zuerst den etwas uninteressanten Teil auf dem Fischländer weg absolviert und wäre könnte danach die beiden Highlights durch das Moor und mit Rückenwind entlang des Strandes geniessen. Dafür könnte man in Komoot ja einfach die Wegrichtung umkehren…

Zurück in der Fewo nahm dann der Wind immer mehr ab und der Himmel bleibt fast wolkenlos, sodass ich mich nach dem Abendessen auf dem Balkon nochmals zu einer gemütlichen Strandwanderung aufmache. Die abendliche Lichtstimmung ist schon genial. So dürfte jeder Abend sein!

Für die kommende Nacht und den ganzen Donnerstag ist wieder eher stürmischer Wind aus W/NW, mindestens bei wenig Bewölkung, angesagt. Mal schauen, was mir ausdenken werde.

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