Die beeindruckende Festung Karlsborg: Viel Militärgeschichte und eine ganze Stadt hinter dem Festungswall

Als ich heute Morgen vom Stellplatz in Borensberg losfuhr, dachte ich schon, dass ich auch heute wieder der recht genauen Prognose der Wetter-App vertrauen dürfte. Das heisse Sommerwetter wird mit einer aktiven Kaltfront beendet. Das war natürlich nicht sonderlich ideal, da ich vorhatte, im Tiveden Nationalpark wandern zu gehen. Aber was solls.

Camperwäsche von oben

Auf der Strecke nach Tiveden fing es richtig stark an zu schütten. Dem Camper tut zwischendurch eine kleine Wäsche gut, aber der Ferienmotivation eher nicht. Ich wollte daher bei einem kleinen Zwischenstopp in Askersund, ganz an der Nordspitze des Vättern, einen kurzen Stopp bei einem Coop machen, um meine Vorräte (besonders die Reste des Brots waren schon ziemlich hart) bis zum Wochenende aufzufrischen, denn am 6. Juni ist Nationalfeiertag in Schweden – mit Brückenpotenzial für alle Schweden. Aber von der Auswahl und Frische im Laden war ich so enttäuscht, dass ich nichts einkaufte und entschied, dem Lanthandel im Dorf Tived einen kleinen Besuch abzustatten. Aber der sehr schöne Dorfladen mit Bistro hatte sehr viel Leckeres, aber kein Brot. Da mein Dieselvorrat sich auch langsam der Reserve näherte, entschloss ich mich, die 30km nach Karlsborg zu fahren. Dort konnte ich den Dieseltank und meine Vorräte aus einem gut bestückten Coop auffüllen. Und da die Regenfront durchgezogen war, nutzte ich die Gelegenheit und besuchte die Festung Karlsborg, welche gleich um die Ecke lag. Diese hat schon fast einen geschichtlichen Bezug zur heutigen Zeit…

Die Festung Karlsborg

Vor rund 200 Jahren führte Schweden Krieg gegen Russland. Vor dem Krieg war Finnland ein Teil Schwedens, aber da Russland den Krieg gewann, erhielt Russland Finnland und die Grenze zu Russland rückte immer näher an die schwedische Hauptstadt Stockholm.
Aus diesem Grund entschied man sich, eine Ersatzhauptstadt mitten in Schweden zu erbauen, an genau dem Standort in Karlsborg.
Man errichtete eine sehr grosse Festung, wo im Falle eines Krieges in Schweden der König und die Regierung sich zurückziehen und das gesamte Gold dorthin gebracht werden konnte. Damit man ach langfristig darin leben konnte, wurde eine gesamte kleine Stadt mit Wohnungen, Krankenhaus, Plätzen und Werkstätten gebaut.
Der Bau der Festung hätte 10 Jahre dauern sollen, schlussendlich waren es aber ganze 90 Jahre. Damit war die Festung nicht mehr modern genug und wurde somit gar nie als Festung in Betrieb genommen. Stattdessen nutzt man die Festung seitdem als Lager und als Schulungszentrum für das Militär.

Die Geschichte der Festung Karlsborg
Die Bauarbeiten für die Festung Karlsborg begannen im Jahr 1819 und sollten zehn Jahre dauern. 1909, 90 Jahre später, war es fertig, aber veraltet. Während der Bauzeit wurden Kommunikationsmittel und Waffen entwickelt, und die Mauern konnten der modernen Artillerie nicht standhalten. Die Festung wurde 1925 geschlossen und 1928 stillgelegt. Seitdem wird sie von der Armee als Ausbildungszentrum genutzt.
Die Entscheidung zum Bau der Festung Karlsborg fiel nach dem Krieg von 1808–1809, als Schweden Åland und Finnland an Russland abtrat. Die neue Grenze brachte Stockholm in eine verwundbare Lage. Es galt als unmöglich, eine russische Landung zu verhindern. Daher waren weiter im Landesinneren sichere Festungen erforderlich. Von drei geplanten Festungen wurde nur Karlsborg gebaut. Es entwickelte sich zu einer der grössten Festungen Europas mit einem zentralen Waffen- und Munitionslager und Platz für 6’000 bis 8’000 Soldaten. Die Festung war auch als sekundäre Hauptstadt gedacht. Im Kriegsfall sollten die königliche Familie, die Regierung, das Parlament und die Goldreserven hierher verlegt werden.
Der Standort der Festung war die Idee von Baltzar von Platen. Er und Kronprinz Karl Johan waren Mitglieder des 1809 eingesetzten Komitees zur Untersuchung der schwedischen Verteidigung. Zur gleichen Zeit leitete von Platen den Bau des Göta-Kanals, des Kanals, der Göteborg und Stockholm über den Vätternsee verband. Hier lag ein Vorgebirge, Vanäs Point, dessen zwei Seiten dem Wasser und eine Seite dem Land zugewandt waren. Eine Seefront war leichter zu verteidigen als eine Landfront. Im Jahr 1818 wurde Karl XIV. Johann König und gab im darauffolgenden Jahr den Befehl zum Bau der Festung. Die Ufer des Sees wurden zwischen 1819 und 1835 und die Landseite zwischen 1844 und 1888 befestigt. Dort wurde der Kern der Festung, das Reduit, errichtet, in dem 287 Kanonen und die meisten Garnisonsquartiere untergebracht waren.
Die Festung Karlsborg war in den 1870er Jahren verteidigungsfähig, es fehlten jedoch noch immer Verteidigungsanlagen ausserhalb des Reduits. Innerhalb der Mauern entstand eine ganze Gemeinschaft. Am steinernen Mole wurde ein Werkstattbereich eingerichtet, in dem Baumaterial abgeladen wurde. Am Vanäs Point wurde die Königsvilla errichtet, die der königlichen Familie zur Verfügung gestellt werden sollte.
Die Festung Karlsborg ist Teil des schwedischen Erbes und wird von der National Property Board Sweden verwaltet.

Rundgang durch die Festung

$Ich parkte den Camper auf dem Besucherparkplatz und enterte die Festung durch den langen Tunnel des Seiteneingangs. Es ist total beeindruckend, dass sich hinter dem hohen Festungswall, neben den militärischen Infrastrukturen, eine ganze Stadt mit der kompletten Infrastruktur einer Kleinstadt (Kirche, Hauptplatz, Bank, Schulen, Theater, Restaurants, Strassen, Parkplätze, …) befindet. Ich nahm natürlich die Mahnung ernst, aktives Militärgerät nicht zu fotografieren. Denn die Festung wird ja weiterhin als militärisches Ausbildungszentrum genutzt. Umso netter, dass ich als Tourist hier frei herumspazieren durfte. Im Aussengelände habe ich dann noch eine alte DC-3 und die Marina mit diversen Werkstätten besucht.

Dass neben dem nie kommerziell genutzten Götakanal (wegen der erfolgreichen neuen Technologie Eisenbahn) auch diese Festung (in der damaligen Zeit eine der grössten in Europa) wegen der Weiterentwicklung von Waffensystemen gleich nach Fertigstellung stillgelegt wurde, ist schon verrückt.

Zurück nach Tived

Nach diesen Eindrücken bin ich dann wieder die 30km zurück nach Tived gefahren und habe im Camping Tiveden am Unden (See) meinen schönen Platz bezogen. Das ist wieder ein sehr gemütlicher und sehr sauberer Capmingplatz. Da das Besitzer-Paar aus den Niederlanden hiergezogen war, wurde ich sehr nett auf Deutsch empfangen. Hier hat es, im Gegensatz zu den Campingplätzen im Schärengürtel in der Ostsee, sehr viele ausländische (vor allem deutsche) Campinggäste mit einem unerwartet hohen Anteil an Zelten, Dachzelten und Campingbussen. Eine ganz andere Zielgruppe, so wie es scheint. Man scheint zu erzählen, dass dies einer der schönsten Campingplätze in ganz Schweden sei. Kann sein – muss aber nicht.
Auch hier machte ich abends gerne Gebrauch von der gemütlichen, kleinen Küche und bereitete mir ein Dinner aus einem Topf und einer Pfanne zu: Vegischnitzel mit gemischtem Gemüse und Pasta!

Hier bleibe ich zwei Nächte, um morgen – wenn das Wetter mitspielt – im Tiveden Nationalpark eine hoffentlich schöne Wanderung zu machen. Die Erwartungshaltung an den Wanderung ist hoch. Der Haupteingang ist nur 15km entfernt und daher mit dem Fahrzeug gut erreichbar. Der nächste Morgen lockte schon mal mit sehr kaltem (8°C) aber schönem Wetter (siehe Bilder des Unden am Morgen). Es wird ja gefühlt gar nie mehr richtig dunkel. Da beneidete ich die Zelt-Camper aus meinem angenehm temperierten Wohnmobil nicht…

Hinterlasse einen Kommentar

Diese Seite verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden..